• Schrift vergrößern
  • Schrift vergrößern
  • Standard wiederherstellen
  • Schrift verkleinern
  • Schrift verkleinern

Resolution zum Entwurf des Landesnaturschutzgesetz

Antrag zur Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Strukturplanung am 31.05.2016

Sehr geehrter Herr Weber,

die Kreistagsfraktionen von CDU und FDP beantragen die Beratung und Beschlussfassung folgender Resolution in der Sitzung des Ausschusses für Umwelt und Strukturplanung am 31.05.2016:

Resolution des Kreistages Kleve gegen den Entwurf des Landesnaturschutzgesetzes

Die Landesregierung hat den Entwurf eines „Gesetz zum Schutz der Natur in Nordrhein-Westfalen und zur Änderung anderer Vorschriften“ in den Landtag eingebracht, mit dem das geltende Landschaftsgesetz aufgehoben und ein neues Landesnaturschutzgesetz (LNatSchG) erlassen werden soll.

Das begrüßenswerte Ziel des Gesetzentwurfs, den Naturschutz zu stärken, wird allerdings durch neue bürokratische Hürden und Zuständigkeiten gefährdet, die zu einem erheblichen Mehraufwand bei den Unteren Landschaftsbehörden führen, die Kompetenzen des Kreistags beschneiden, Genehmigungsverfahren verzögern und Mehrkosten verursachen werden. Der massive Protest der Grundbesitzer-, Wirtschafts-, Landwirtschafts- und kommunalen Spitzenverbände hat zwar Wirkung gezeigt, gleichwohl sieht der nunmehr überarbeitete Gesetzesentwurf nach wie vor zahlreiche Verschlechterungen gegenüber dem geltenden Landschaftsgesetz vor, die nicht akzeptabel sind.

Die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sowie die Regelungen zum Ersatzgeld bei Eingriffen in Natur und Landschaft sollen verschärft werden. So soll die 1:1-Regelung, nach der die Kompensationsfläche nicht größer sein soll als die Eingriffsfläche, gestrichen werden. Weiterhin soll zur Umsetzung der Biodiversitätsstrategie NRW die Fläche des Biotopverbundes von 10 auf 15 % der Landesfläche erhöht werden. Diese Regelungen, neue Verbote der Grünlandumwandlung und des Pflegeumbruchs sowie das erstmalig vorgesehene Vorkaufsrecht zugunsten von Naturschutzstiftungen des Privatrechts für hochwertige Landwirtschaftsflächen führen zu einer gravierenden Verknappung von Ackerböden und schränken die Landwirtschaft im Kreis Kleve massiv ein.

Die Mitwirkungsrechte der anerkannten Naturschutzvereine sollen erheblich erweitert werden. Zukünftig sollen sie vor der Erteilung von Befreiungen und Ausnahmen von Geboten und Verboten zum Schutz von gesetzlich geschützten Biotopen, vor der Erteilung von wesentlichen Ausnahmen von Geboten und Verboten zum Schutz von geschützten Landschaftsbestandteilen, Naturdenkmälern, geschützten Alleen, Natura-2000-Gebieten, FFH-Gebieten, Vogelschutzgebieten, Naturschutzgebieten und weiteren Schutzgebieten sowie vor der Erteilung diverser Genehmigungen und Erlaubnissen beteiligt werden. Hierdurch wird nicht nur die Handlungsfähigkeit der Unteren Landschaftsbehörde erheblich eingeschränkt, es ist auch davon auszugehen, dass die neue Beteiligung die Bearbeitungszeiten deutlich verlängern wird und die Bürger im Kreis Kleve auf ihre Entscheidungen unangemessen lange warten müssen, weil die Verbände kaum in der Lage sein werden, die Vielzahl dieser Fälle, die die Untere Landschaftsbehörde jährlich zu bescheiden hat, in angemessener Frist zu bearbeiten.

Darüber hinaus ist zu befürchten, dass sich durch den größeren Verwaltungsaufwand die Gebühren erhöhen werden. Mit einem Mehrbelastungsausgleich nach dem Konnexitätsausführungsgesetz für die zusätzlichen Verfahrens-, Genehmigungs- und Kontrollpflichten, der zu einer Ausgleichzahlung führen würde, kann der Kreis Kleve nicht rechnen, da die Landesregierung den zusätzlichen Personal- und Sachaufwand im Rahmen ihrer Kostenfolgeabschätzung nicht ausreichend berücksichtigt hat, was dazu führt, das dieser unter der Wesentlichkeitsschwelle bleibt.

Des Weiteren soll das Widerspruchsrecht der zukünftig „Naturschutzbeiräte“ genannten Landschaftsbeiräte erheblich ausgeweitet werden. Ihr Widerspruch soll zukünftig bei einem ablehnenden Beschluss des Kreisplanungs- und Umweltausschusses durch die Bezirksregierung als höhere Naturschutzbehörde und nicht mehr durch den Kreistag entschieden werden. Der ausschließlich durch Vertreter von Naturschutz- und Nutzerverbänden und -vereinigungen besetzte „Naturschutzbeirat“ erhält damit eine höhere Kompetenz als der aus allgemeinen und freien Wahlen hervorgegangene Kreistag, in dem sich der politische Wille der Kreisbevölkerung manifestiert und der gegenüber die Kreistagsmitglieder verantwortlich sind. Dies spricht für ein tiefgreifendes Misstrauen des Umweltministeriums gegenüber den Kreisen, schwächt deren Position und wird zukünftig Entscheidungen unnötig erschweren und verzögern.

Insoweit widersprechen die Neuregelungen dem Demokratieprinzip. Der Staatsaufbau der Bundesrepublik Deutschland (Gesetzgebung, Verwaltung, Rechtsprechung) sieht zwar die Beteiligung von Verbänden u.a. im Rahmen von Gesetzgebungsverfahren und in Verwaltungsverfahren durch Anhörungen vor, es ist aber zu berücksichtigen, dass die Verbände ebenso wie der Naturschutzbeirat nicht demokratisch legitimiert sind.

Darüber hinaus kommen mit dem Gesetzentwurf eine Vielzahl neuer bzw. erweiterter Aufgaben auf den Kreis und die Kommunen zu. Zu nennen wären hier beispielsweise die Einführung von Pflichten zur flächendeckenden Landschaftsplanung, zur Aufstellung von Ersatzgeldlisten und -verzeichnissen, zur Aufstellung von Verzeichnissen über durchgeführte FFH-Verträglichkeitsprüfungen sowie neue Zuständigkeiten für die Umsetzung von Nutzungsverboten. Sie werden erheblich Personal binden und dadurch einen effektiven Natur- und Landschaftsschutz behindern.

Die Akzeptanz des Naturschutzes hängt wesentlich von einem vertrauensvollen Umgang zwischen Unteren Naturschutzbehörden, Vorhabenträgern und Naturschützern ab. Ein Grundvertrauen des Landes in die fachliche Qualität der Arbeit seiner Unteren Landschaftsbehörden ist dafür unerlässlich. Der Gesetzentwurf ist dagegen überladen mit Regelungen, die die fachliche Kompetenz der kommunalen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Frage stellen.

Der Kreis Kleve lehnt daher den Gesetzentwurf in der vorliegenden Fassung ab und fordert die Landesregierung auf, das Landesnaturschutzrecht unter Beachtung der berechtigten Belange der Kreise, der Gemeinden und der Bürgerinnen und Bürger im Sinne eines kooperativen Naturschutzes und mit dem Ziel einer qualitätsvollen Verbesserung des Natur- und Artenschutzes zu novellieren.

Die Neuausrichtung der Naturschutzpolitik des Landes zur Verbesserung des Schutzes wertvoller Lebensräume für Tiere und Pflanzen hat unter Beibehaltung der bewährten Entscheidungs- und Kooperationsstrukturen zu erfolgen und dabei auf unnötige zusätzliche bürokratische Hürden und Verwaltungsverfahren zu verzichten. Vertragsnaturschutz muss ordnungsrechtlichem Dirigismus vorgehen. Nur dann wird das ambitionierte Ziel des Landes, Artenverlust zu stoppen und biologische Vielfalt zu erhöhen, gelingen.

Der Kreis Kleve erwartet von der Landesregierung respektvolle Absprachen mit den Landeigentümern hinsichtlich der Flächennutzung. Dabei sind Eingriffe in bewirtschaftete Flächen zu vermeiden, damit die Akzeptanz der Eigentümer, der Bewirtschafter und der Bevölkerung für den Natur- und den Artenschutz nicht gefährdet wird. Um die heimische Landwirtschaft vor weiteren Verlusten von hochwertigen Ackerflächen zu schützen, sollen Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nach dem Prinzip „Qualität vor Quantität“ ausgerichtet werden. Dabei darf der Außenbereich nicht mit Restriktionen überzogen werden, die die kommunale Planungshoheit faktisch aushöhlen. Gemeindliche Flächenentwicklung muss auch im Freiraum unter Wahrung der Belange des Naturschutzes möglich bleiben, wenn ein entsprechender Bedarf für neue Wohn- und Gewerbegebiete gegeben ist.

Der Kreis Kleve fordert die Landtagsabgeordneten aus dem Kreis Kleve dazu auf, die Interessen der Städte und Gemeinden gegenüber der Landesregierung zu vertreten und sich für ein neues Landesnaturschutzgesetz einzusetzen, das kooperative Lösungen fördert und die kommunale Selbstverwaltung achtet.

                                        Mit freundlichen Grüßen

Ulrike Ulrich                                                                   Prof. Dr. Ralf Klapdor

CDU-Fraktionsvorsitzende                                  FDP-Fraktionsvorsitzender

Gemeinsame Resolution gegen den Entwurf des Landesnaturschutzgesetztes

© CDU Kreistagsfraktion Kleve 2024 Erstellt mit dem CDU-Baukasten unter Joomla! Ein Service der VANAMELAND